Alles, was deine Pferde wollen, ist deine Zeit.
Ein paar Gedanken zum Montag über das Zusammensein mit unseren Pferden

Es gibt so Vieles im Leben, das wir brauchen - und noch viel mehr, das wir nicht brauchen. Neulich war ich zu Besuch mit den Mädels auf der Passion Pferd in Hannover. Das erste Mal, seit es das neue Format der Pferdemesse gibt. So, wie sich die Messe seit meinem ersten Besuch vor 17 Jahren gewandelt hat, so hat sich mit den Jahren auch der Blick auf die (Pferde)Welt in mir gewandelt. Ich weiß noch, wie ich auf einen Sonntag kurz vor Tore Schluss Schabracken zum Spottpreis kaufte...für Pferde, die mir nicht gehörten. So war es immer. Ich kaufte allerhand Zeug auf Messen für Pferde, die ich am Ende doch hergab, weil sie mir nicht gehörten. Und dann der erste Messebesuch, bei dem ich mich einmal selbst kneifen musste, denn heute würde ich zum ersten Mal Zeug für mein erstes eigenes Pferd kaufen - und im weiteren Verlauf für mein Zweites. Heute sind es Vier, sie alle leben bei uns zu Hause - und heute kaufe ich nichts. Heute stehe ich einfach nur im Schein der weihnachtlichen Lichterkette in unserem Ponyland, genieße die Stille und bin dankbar über etwas, das wir nicht mit Geld kaufen können: Zeit und Gesundheit. Nach Pino seinem schweren Reheschub in diesem Jahr und meiner in diesem Jahr zwischenzeitlich sehr kranken Lotti, bin ich einfach nur glücklich, dass wir uns haben, dass wir safe sind und dass auch ich meine chronischen Entzündungen langsam in den Griff bekomme. Dankbar dafür, dass wir uns all die Jahre, in denen wir viele Schicksalsschläge durchlebten, nicht verloren haben. Ja, wir haben uns. Wir heilen gemeinsam. In unserem Tempo, auf unsere Weise. Ich bin einfach nur dankbar, dass wir hier zusammen sind, uns immer wieder neu finden und kennenlernen dürfen, dass ich es bin, die zuhören und von ihnen lernen darf wahrhaftig zu sein. Dass sie mir meine Fehler verzeihen und ich sie dann und wann auch durch ihre Themen begleiten darf.
Wenn ich meine Ponys danach frage, ob sie etwas brauchen, dann ist es gemeinsame Zeit. Sie alle möchten einfach nichts mehr, als von uns verstanden zu werden. Wir sind es, die unser Level anheben dürfen. Wir sind es, die jeden Tag unsere Natur mit Sucht und Konsum regelrecht ersticken, um dann mit allerhand tollem Equipment durch die Bahn oder den Busch zu fliegen, um das dann Freiheit zu nennen. Die kurze Flucht aus dem Alltag, in dem wir uns gezwungen fühlen, Dinge zu tun, die wir eigentlich gar nicht wollen. Warum sollte es unserem Pferd also besser gehen als uns. Da müssen wir wohl alle durch. Nein, dass müssen wir nicht. Doch solange wir mit unseren Pferden Monologe (auch im Horsemanship) führen, solange wir Erwartungen erfüllen und Erwartungen haben, sind weder wir, noch unsere Pferde wirklich frei.
Pferde - und das dürfen wir uns einfach immer wieder vor Augen halten - sind Fluchttiere, die einen Pakt mit einem Raubtier eingehen. Sie sind so sehr um uns bemüht, dass sie jeden für sie noch so absurd erscheinenden Trend mitmachen. Wenn du ab heute also zu deinem Pferd gehst, erinnere dich daran, dass du jeden Tag neu entscheiden kannst, wie du mit eurer Zeit umgehen willst. Erinnere dich daran, dass ihr mehr seit, als mit Glitzer versetzte Wackeldackel und dass ihr hochsoziale und intelligente Wesen seid, die aus ein und derselben Materie gemacht sind. Steige aus aus dem Drill, der euch nie glücklich gemacht hat.
Dies soll es dann heute auch schon kurz und knackig für den Montag gewesen sein. Ich wünsche dir eine ganz besondere Zeit mit deinem Pferd oder wenn du auch mehrere hast, mit deinen Pferden.
Alles Liebe,
deine Yvonne




